Interview mit Prof. Dr. Enzo Weber

Bedingungen ändern

ddp (6)
Prof. Dr. Enzo Weber
Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Wirtschaftsforschung

Die Qualität der Arbeitsbedingungen entscheidet, wie gut wir den demografischen Wandel meistern, sagt Enzo Weber, Forschungsbereichsleiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB und Mitglied der ddp-Jury zur „Zukunft der Arbeit“.

Herr Prof. Weber, einerseits Fachkräftemangel, andererseits der Wunsch nach der 4-Tage-Woche – geht das zusammen?

Wir müssen Fachkräftepotenziale heben, aber Menschen in eine maximale Stundenzahl pro Woche zu pressen, ist kein sinnvolles gesellschaftliches Ziel. Sie müssen selbst wählen, wie viele Stunden pro Woche sie arbeiten. Deutlich mehr als 38 Wochenstunden sind zudem auch gar nicht anzuraten. Denn dann sinkt die Produktivität.

Wie viele Stunden arbeiten wir aktuell?

Weniger als früher. Pro Kopf im Durchschnitt 30,5 Stunden ohne Überstunden. Zugleich arbeiten aber mehr Menschen denn je, insbesondere weil viele Frauen nun berufstätig sind. Unterm Strich ergibt sich daraus ein Plus. Gleichzeitig gilt: Fachkräfte werden noch knapper. Wenn es keinen Ausgleich gibt, werden wir bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte weniger haben.

Wo sollen wir ansetzen?

Zum einen nutzen wir nicht alle Potenziale: berufliche Entwicklung von Frauen stärken, Ältere halten, Zugewanderte integrieren, da geht noch viel. Zum anderen müssen wir an den Arbeitsbedingungen feilen: Wenn die Bedingungen gut sind, Arbeit selbstbestimmt ist, werden die Menschen mehr arbeiten wollen. Was sie als gut definieren, kann nach Lebensphase variieren. Für junge Familien ist Kinderbetreuung wichtig. Ältere schätzen vielleicht eine interessante neue Aufgabe und Zuwandernde ein gutes Onboarding-Programm.

Unternehmen haben also viel selbst in der Hand?

Sie müssen noch mehr begreifen, dass es hier um Wettbewerb geht und sie ihren jetzigen und zukünftigen Beschäftigten etwas bieten müssen.

Geht es nur um praktische Maßnahmen?

Nein, was sich ebenfalls ändern muss, sind die Haltungen. Wenn Männer mehr Familienarbeit übernehmen wollen und in Teilzeit gehen, geraten sie karrieretechnisch aufs Abstellgleis – die Frauen kennen dieses Szenario schon lange. Aber Familienbilder ändern sich nun einmal. Das heißt: Familienzeit ist für Mütter wie Väter normal und darf beiden nicht bei der Karriere schaden. Ein Grund, warum ich für die X-Tage-Woche plädiere.

Beim mobilen Arbeiten ist die Änderung der Haltung gelungen.

Richtig, Homeoffice ist heute normal. Hier hatten wir mit der Pandemie einen externen Hebel. Externe Hebel sind per se wichtig: eine leichtere Einwanderung, bessere Anreize etwa bei Minijobs und vieles mehr. Und wir sollten die Gen Z ernster nehmen…

Inwiefern?

Ihr wird oft nachgetragen, dass sie weniger arbeiten will, häufiger den Arbeitgeber wechselt. Andere Generationen haben das in ihren jungen Phasen aber ähnlich gemacht. Was bei ihr tatsächlich anders ist, ist die Haltung: Sie fordert Sinnhaftigkeit, Selbstbestimmtheit, gute Arbeitsbedingungen. Sich darauf einzulassen, hilft eben auch gegen den Fachkräftemangel.

ie Qualität der Arbeitsbedingungen entscheidet, wie gut wir den demografischen Wandel meistern, sagt Enzo Weber, Forschungsbereichsleiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB und Mitglied der ddp-Jury zur „Zukunft der Arbeit“.

Herr Prof. Weber, einerseits Fachkräftemangel, andererseits der Wunsch nach der 4-Tage-Woche – geht das zusammen?

Wir müssen Fachkräftepotenziale heben, aber Menschen in eine maximale Stundenzahl pro Woche zu pressen, ist kein sinnvolles gesellschaftliches Ziel. Sie müssen selbst wählen, wie viele Stunden pro Woche sie arbeiten. Deutlich mehr als 38 Wochenstunden sind zudem auch gar nicht anzuraten. Denn dann sinkt die Produktivität.

Wie viele Stunden arbeiten wir aktuell?

Weniger als früher. Pro Kopf im Durchschnitt 30,5 Stunden ohne Überstunden. Zugleich arbeiten aber mehr Menschen denn je, insbesondere weil viele Frauen nun berufstätig sind. Unterm Strich ergibt sich daraus ein Plus. Gleichzeitig gilt: Fachkräfte werden noch knapper. Wenn es keinen Ausgleich gibt, werden wir bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte weniger haben.

Wo sollen wir ansetzen?

Zum einen nutzen wir nicht alle Potenziale: berufliche Entwicklung von Frauen stärken, Ältere halten, Zugewanderte integrieren, da geht noch viel. Zum anderen müssen wir an den Arbeitsbedingungen feilen: Wenn die Bedingungen gut sind, Arbeit selbstbestimmt ist, werden die Menschen mehr arbeiten wollen. Was sie als gut definieren, kann nach Lebensphase variieren. Für junge Familien ist Kinderbetreuung wichtig. Ältere schätzen vielleicht eine interessante neue Aufgabe und Zuwandernde ein gutes Onboarding-Programm.

Unternehmen haben also viel selbst in der Hand?

Sie müssen noch mehr begreifen, dass es hier um Wettbewerb geht und sie ihren jetzigen und zukünftigen Beschäftigten etwas bieten müssen.

Geht es nur um praktische Maßnahmen?

Nein, was sich ebenfalls ändern muss, sind die Haltungen. Wenn Männer mehr Familienarbeit übernehmen wollen und in Teilzeit gehen, geraten sie karrieretechnisch aufs Abstellgleis – die Frauen kennen dieses Szenario schon lange. Aber Familienbilder ändern sich nun einmal. Das heißt: Familienzeit ist für Mütter wie Väter normal und darf beiden nicht bei der Karriere schaden. Ein Grund, warum ich für die X-Tage-Woche plädiere.

Beim mobilen Arbeiten ist die Änderung der Haltung gelungen.

Richtig, Homeoffice ist heute normal. Hier hatten wir mit der Pandemie einen externen Hebel. Externe Hebel sind per se wichtig: eine leichtere Einwanderung, bessere Anreize etwa bei Minijobs und vieles mehr. Und wir sollten die Gen Z ernster nehmen…

Inwiefern?

Ihr wird oft nachgetragen, dass sie weniger arbeiten will, häufiger den Arbeitgeber wechselt. Andere Generationen haben das in ihren jungen Phasen aber ähnlich gemacht. Was bei ihr tatsächlich anders ist, ist die Haltung: Sie fordert Sinnhaftigkeit, Selbstbestimmtheit, gute Arbeitsbedingungen. Sich darauf einzulassen, hilft eben auch gegen den Fachkräftemangel.