Interview mit Ali Can

Für unsere kleine Interviewserie, mit der wir die Initiator*innen des Deutschen Demografie Preises vorstellen, haben wir Ali Can gefragt, was er sich vom Deutschen Demografie Preis 2023 erwartet, was Demografie mit Diversity zu tun hat und was ihn als Paten seiner Kategorie „Gelebte Diversity“ auszeichnet.

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„Mit dem Deutschen Demografie Preis verbinde ich den Wunsch, dass Unternehmen und Institutionen endlich die Gesellschaft abbilden, in der wir 2023 leben."

Ali Can
Geschäftsführer und Gründer des Diversity Labs in Berlin, Gründer des VielRespektZentrums Essen

Ali, welche Ziele und Wünsche verbindest du mit dem Deutschen Demografie Preis 2023?
Mit dem Preis verbinde ich den Wunsch, dass Unternehmen und Institutionen endlich die Gesellschaft abbilden, in der wir 2023 leben. Unterrepräsentierte Gruppen brauchen nicht nur die gleichen Chancen, sondern das Gefühl der Zugehörigkeit. Und das bedeutet, dass wir ein größeres Engagement gegen Diskriminierung brauchen.

Welche Verbindung siehst du zwischen Demografie und Diversity?
Nichts ist so sicher wie die Veränderung. Seit der Immigration von Arbeitsmigrant*innen in den 1960er und 1970er Jahren hat sich unsere Gesellschaft verändert. Vielfalt ist das neue „made in Germany“. Und ich bin zuversichtlich, dass immer mehr Menschen ein vielfaltsliebendes Gesellschaftsverständnis haben. Was Rassismus bedeutet, wusste ich erst mit 21 Jahren. In meiner frühen Kindheit hatte ich kaum Vorbilder mit einer ähnlich internationalen Geschichte. Meine jüngste Schwester hingegen, die heute 16 Jahre alt ist und in die zehnte Klasse geht, kann schon über Rassismus diskutieren. Und das ist ein sehr gutes Zeichen.

Was zeichnet dich als Paten der Kategorie „Gelebte Diversity“ aus?
Wenn Betroffenheit zur Expertise wird, hat man immer eine ganz besondere Perspektive und kann sich für Menschen mit ähnlichen Herausforderungen einsetzen. Meine Familie und ich kamen 1995 als Asylsuchende nach Deutschland. 2015 erst habe ich erst die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Ich engagiere mich aber seit längerem und habe Großprojekte gestartet für Vielfalt, eine offene Gesellschaft, ein besseres soziales Miteinander und gegen Diskriminierung.

Da wäre zum Beispiel die „Hotline für besorgte Bürger“, ein Bürgertelefon für Menschen, die Fragen zu Asyl und Migration haben, die sich sorgen und mit mir darüber reden wollen. 2018 habe ich mit dem Hashtag #metwo eine große Antirassismus-Debatte ausgelöst, unter dem zehntausende Menschen ihre Rassismus-Erfahrungen beschrieben haben. 2019 habe ich das VielRespektZentrum in Essen eröffnet und konzipiert, eine Begegnungsstätte und ein Empowerment Center für marginalisierte und diskriminierte Gruppen. 2021 habe ich mit #wAlman eine mehrsprachige Wahlentscheidungshilfe für die Bundestagswahl mit entwickelt, damit auch Menschen mit Migrationshintergrund sich in ihrer Erstsprache zur Bundestagswahl informieren können – mit der Hoffnung, dass mehr Migrant*innen mit einem deutschen Pass zur Bundestagswahl gehen.